Am Hochschulcampus 1, AW-Gebäude, Ebene 6, Wirtschaftsbibliothek auf zwei Ebenen mit Blick auf ein Naturschutzareal und die Silhouette der benachbarten Ruhr-Universität. Die WirtschaftlerInnen mussten bis 2001 warten, bis sie auch räumlich Teil der Hochschule Bochum wurden. Er ist der größte Fachbereich mit einer sowohl in die Breite als auch in die Tiefe gehenden inhaltlichen Ausrichtung der Studiengänge. BWL, International Business and Management, Wirtschaftsingenieurwesen sind neben einer Reihe von berufsbegleitenden Bachelor- und Master-Studiengängen nur die Basis der Lehre, deren Ursprungswerkzeug wohl der Abakus ist. Denn mit dem Geld-gegen-Ware-Rechenprinzip fing alles an… damals vor fast 5.000 Jahren.
Prof. Dr. rer. pol. Rolf Tappe
Abitur, Banklehre, BWL-Studium an der Universität zu Köln, Master of Business Administration (USA), Tätigkeit als Unternehmensberater, Doktorand an der TU Dortmund, beruflicher Aufstieg bis zum Geschäftsführer, seit 2018 Professur für Unternehmensführung und Innovationsmanagement an der Hochschule Bochum, Lehrpreisträger 2020.
„Wie bei so vielen Dingen ist es das Innere und nicht das Äußere, was zählt.“
Prof. Dr. Rolf Tappe frei nach Aladin
„Wenn mich etwas wirklich interessiert, oder ich etwas unbedingt will, dann bin ich hochmotiviert, leistungsbereit und leistungsfähig. In der Schule fehlte mir manchmal das Interesse, ich gab selten richtig Vollgas. Das änderte sich schlagartig mit dem Beginn meiner Banklehre. Mich interessierten die durchaus komplexen Gesamtzusammenhänge in einem Unternehmen. Ich merkte, dass ich, wenn ich gute Leistungen erbringe, gefördert werde, Freiräume erhalte, mich bestmöglich entfalten kann. Die Erfahrungen, die ich in den zwei Lehrjahren gemacht habe, waren so positiv, dass ich im Anschluss die Themen im Rahmen eines BWL-Studiums vertiefen wollte. Insofern waren meine ‚Lehrjahre‘ in vielerlei Hinsicht sehr lehrreich und haben, neben der Unterstützung und dem Zuspruch meiner Eltern, meinen Werdegang wesentlich geprägt. Stets mit offenen Ohren und Augen durch das Leben zu gehen, Möglichkeiten zu erkennen, den Mut zu haben, diese zu ergreifen und schließlich mit Konsequenz die gesteckten Ziele zu verfolgen, ist kennzeichnend für meine Ausbildungsjahre.
Am meisten faszinieren mich positiv denkende Menschen mit Visionen. Menschen, die ihr Wissen oder ihre Persönlichkeit selbstlos in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Menschen, die ohne Arroganz und Überheblichkeit erfolgreich sind, die ganz uneitel immer weiter lernen und vielseitig interessiert sind. Ich habe eine erfolgreiche Laufbahn in Wirtschaftsunternehmen hinter mir – bis ich eines Tages für mich nicht mehr den größtmöglichen Sinn in dieser Tätigkeit gesehen habe. Ich habe sehr viel Zeit verbracht mit der Entwicklung von Strategien und Projekten, die am Ende – auch aus nicht-rationalen Gründen – doch nicht umgesetzt wurden und habe meine beiden Kinder abends oft nur noch schlafend erlebt. Der Schritt an die Hochschule war für mich wirklich sinnstiftend: Wissen zu mehren und zu teilen und die Entwicklung von jungen Menschen zu fördern.
Meiner Ansicht nach, haben unsere Studierenden an der Hochschule Bochum perfekte Voraussetzungen, um ganzheitlich zu lernen und ihre Persönlichkeiten mit allen Stärken und Schwächen und ihre Fähigkeiten bestmöglich auszubauen. Wichtig ist, dass sie hier studieren, weil sie das Studium und die damit verbundenen Themen wirklich interessieren. Wirtschaftskompetenz ist überall gefragt – ganz gleich ob bei großen Konzernen oder in kleinen StartUp-Unternehmen. Keinem/r GaleristIn, Sneaker-Store-GründerIn, FloristIn oder UnternehmensgründerIn sollten die Grundlagen der Wirtschaft fehlen, und zwar aus zwei Gründen: Einerseits um in unserer marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaft wirtschaftlichen Erfolg zu erlangen und andererseits um der eigenen Verantwortung in einer nachhaltigen Gesellschaft gerecht zu werden. Das Thema Wirtschaftsethik ist heute wichtiger denn je.
Mein Bestreben ist es, die Studierenden auf die konkreten Anforderungen der Praxis bestmöglich vorzubereiten. Wenn ich in den Vertiefungskursen intensiv mit den Studierenden arbeite, werden sie z.B. für ein Praxisprojekt, in welchem sie ein echtes Unternehmen beraten müssen, in Gruppen eingeteilt. Für diese Einteilung werden aus anonymisierten Persönlichkeitsprofilen Projektteams zusammengestellt. Die einzelnen Mitglieder haben dann die Aufgabe, ihren eigenen Platz in der Gruppe zu finden und sich mit den entsprechenden Stärken einzubringen. Das mag spielerisch klingen, aber ich halte solche Herangehensweisen für sehr wichtig. Das Verstehen, Lernen und Prüfen ist das Eine, vielleicht die Basis. Aber das Anwenden des Gelernten, der Transfer zwischen Theorie und Praxis und die Herausforderung, mit unterschiedlichen Persönlichkeiten ein Team zu bilden, sind die Faktoren, auf die es später für eine erfolgreiche betriebswirtschaftliche Karriere ankommt.“
„Wie bei so vielen Dingen ist es das Innere und nicht das Äußere, was zählt.“
Prof. Dr. Rolf Tappe frei nach Aladin: Im Gespräch entstand eine Themenschleife von den Ursprüngen des wirtschaftlichen Handelns über den Handel auf arabischen Basaren hin zum Märchen „Aladin“, das Rolf Tappe seinen beiden Kindern abends vorgelesen hat.
Oben: Behind-the-scenes vom Shooting im November 2020; Headerbild: Prof. Dr. Rolf Tappe in der Wirtschaftsbibliothek
Fotos: Klaus J. A. Mellenthin